ZUHÖREN - Ernst Ferstl

Letzte Woche saß ich abends in einer Zigarren-Lounge. Nach einer Weile gesellte sich jemand - ich nenne ihn Manuel - zu mir, und es entwickelte sich ein Gespräch. Als Manuel nach rund zwei Stunden aufstand und ging, blieb ich noch ein Weilchen sitzen und dachte über unsere Konversation nach.

 

Ich hatte einiges über Manuel erfahren. Er wohnt mit seiner Frau und den beiden Töchtern in Thalwil, in einem schönen, neuen Einfamilienhaus. Er hatte mir die Fotos auf seinem Handy gezeigt. Er arbeitet schon seit vielen Jahren als Key Account Manager für eine Pharmafirma. Auch wenn er erfolgreich zu sein scheint, ist er nicht mehr wirklich glücklich in seinem Job. Seine Leidenschaft sind italienische Motorräder und Reisen. Er hat schon fast die ganze Welt gesehen. Auch hier hat er mir Fotos gezeigt. Und Zigarren natürlich - am liebsten kubanische. Auch politisch hat er eine klare Meinung zu den aktuellen Geschehnissen auf dieser Welt. Ja, Manuel wusste tatsächlich zu jedem Thema, welches ich anschnitt, etwas zu erzählen. Er hat viel von sich geredet und ich habe viel von ihm und über ihn erfahren. 

 

Was würde Manuel seinerseits über mich zu erzählen wissen? - Nichts, absolut nichts. Vielleicht hat er sich meinen Namen gemerkt. Vielleicht.

 

Und ich frage mich, ob es in der Vergangenheit Gesprächspartner gab, welche den gleichen Eindruck von mir gewonnen haben wie ich von Manuel? Gab es Gespräche, in denen auch ich dauernd nur von mir geredet habe? Gespräche, in denen ich nicht zugehört habe? Gespräche, in denen ich kein Interesse an meinem Gesprächspartner gezeigt habe?

 

Wie will ich als Gesprächspartner wahrgenommen werden?

 

Auf in die neue Woche!

In dieser Woche versuche ich, bewusst ein interessierter Gesprächspartner zu sein.

 

Ich wünsche dir/Ihnen eine gute Woche mit vielen guten Gesprächen. :-)

Thomas Schneider

www.thomasschneider.expert

 

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